Im zweiten Teil unserer Serie zur Warensicherung im Lebensmitteleinzelhandel sprechen wir heute über die Beweggründe einiger Menschen zu stehlen. Welche Faktoren wägen sie ab und welches Risiko sind sie bereit einzugehen? Wir untersuchen, warum das Risiko als gering und die Belohnung als hoch empfunden wird und welche Einstellungen diese Überzeugungen verstärken. Dazu betrachten wir auch das Thema organisierte Kriminalität und inwiefern elektronische Artikelsicherung hier abschreckend wirkt.
Bevor sich ein Einzelhändler für den Einsatz einer elektronischen Artikelsicherung (EAS) entscheidet, empfehlen wir von Checkpoint Systems, sich eingehend mit dem Warenschwund im eigenen Geschäft zu befassen. Denn wie viele andere Technologien muss auch EAS richtig eingesetzt werden, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Die Voraussetzung dafür ist zu wissen, was gerne gestohlen wird – damit haben wir uns im ersten Teil der Serie bereits beschäftigt – und sich klarzumachen, warum Menschen stehlen, ob geplant oder opportunistisch. Welche Faktoren machen aus einem ehrlichen Kunden einen Ladendieb?
Gehört Ladendiebstahl schlicht zum Leben des Einzelhändlers dazu?
Die meisten Einzelhändler akzeptieren, dass Ladendiebstahl zum Alltag dazu gehört. Es ist etwas, was passiert, und alles, was Einzelhändler tun können, ist zu versuchen, sich so gut wie möglich zu schützen. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das zwar, da es derzeit keine Möglichkeit gibt, Ladendiebstähle ganz "aus der Welt zu schaffen", aber das bedeutet nicht, dass Verkäufer nicht die häufigsten Ursachen und Beweggründe für Diebstähle untersuchen und diese Informationen nutzen können, um sie zu verhindern.
Ladendiebstahl verursacht enorme Verluste und Störungen für Einzelhändler. Nach den neuesten Daten der britischen Polizei [1] wurden im Jahr 2020 mehr als 243.993 Vorfälle gemeldet. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl in Wirklichkeit viel höher ist, da sich die Einstellung zur Meldung von Vorfällen und die Reaktion der Strafverfolgungsbehörden auf Ladendiebstahl in den letzten 20 Jahren erheblich verändert haben.
Grenzbeträge können zum Diebstahl ermutigen
Angesichts gekürzter Budgets und einer Zunahme der organisierten sowie der Drogenkriminalität kommt der Ladendiebstahl im Aufmerksamkeitsranking der Polizeikräfte manchmal zu kurz. Einige Polizeidienststellen verlangen zum Beispiel, dass ein bestimmter Geldbetrag erreicht wird, bevor sie auf eine Anzeige wegen Ladendiebstahls reagieren. Auch wenn die Gründe für diesen Ansatz bis zu einem gewissen Grad verständlich sind, kann die Festlegung von solchen Grenzbeträgen das fördern, was informell als "Diebstahllizenz" bezeichnet wird. Das Wissen, dass ein Diebstahl unter einem bestimmten Wert nicht als Straftat gewertet wird, gibt den Dieben quasi die Erlaubnis zu stehlen. Diese Schwelle verringert das Risiko für Diebe, verschiebt das Gleichgewicht zwischen Risiko und Belohnung und ermutigt letztlich zum Diebstahl – bis zu einem bestimmten Wert.
Auch die Einstellung zum Diebstahl ändert sich in vielen Regionen der Welt. Wo es früher als gesellschaftlich inakzeptabel galt, wird diesem in der Wahrnehmung als alltägliches Ereignis in der Öffentlichkeit immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Das Ausbleiben von Konsequenzen und die Alltäglichkeit des Geschehens führen zu einer gewissen Apathie und in einigen Fällen auch zu Verständnis für Diebstähle, wenn es sich um echte Armutssituationen handelt.
Liefert der Einzelhändler den oder die Täter im Rahmen der Anzeigenerstattung nicht gleich mit, ist die Aufklärungsquote bei Ladendiebstahl sehr niedrig. Der Handelsverband Deutschland (HDE) spricht – unter Berücksichtigung der sehr hohen Diebstahls-Dunkelziffer – von einer realistischen Aufklärungsquote von lediglich zwei Prozent. [2]
Daraus ergibt sich, dass ein vollzogener Ladendiebstahl in den allermeisten Fällen nicht zu strafrechtlichen Konsequenzen führt – entweder, weil der Wert zu gering war, oder der/die Dieb/in nicht erwischt wurde oder beides. Wer unter einem bestimmten Wert stiehlt, riskiert nur eine geringe oder gar keine strafrechtliche Ahndung. Das Risiko ist somit gering und die Belohnung hoch.
Risiken für Ladendiebe erhöhen
Untersuchungen [3] zeigen, dass EAS-Lösungen das Risiko für Ladendiebe erhöhen und gleichzeitig die Belohnung verringern. Eine Studie ergab, dass EAS-Etiketten wirksam vor Gelegenheitsdiebstählen abschreckten und von professionelleren Dieben als Erhöhung des Aufwands und des Risikos, erwischt zu werden, angesehen wurden. Außerdem wurde festgestellt, dass Artikel mit Etiketten nach dem Diebstahl schwerer weiterzuverkaufen sind, was die Belohnung verringert. Das bedeutet: Setzen Einzelhändler in ihrem Geschäft eine EAS-Lösung ein, erhöhen sie das Risiko für Diebe und setzen gleichzeitig die Belohnung herunter – sodass die Zahl der Gelegenheitsdiebstähl mitunter deutlich heruntergeht.
Weitere für Diebe relevante Fragen zur Abwägung von Risiko und Nutzen sind: Befindet sich das Produkt in der Nähe des Ausgangs? Ist es leicht zu verstecken? Gibt es ein Sicherheitssystem? Kann ich es problemlos als neu verkaufen? Diese Fragestellungen sollten Einzelhändlern bekannt sein und mitbedacht werden.
Organisierte Einzelhandelskriminalität (ORC)
Darüber hinaus sollte auch ein Blick auf das Thema organisierte Einzelhandelskriminalität geworfen werden, die deutlich verbreiteter und koordinierter ist, als viele denken. Laut einer Studie nimmt der organisierte Ladendiebstahl seit 2015 von Jahr zu Jahr zu und wird im Jahr 2020 ein Rekordniveau erreichen. [4]
Ist es für Einzelhändler wichtig zu wissen, wer das Produkt gestohlen hat? Bei Checkpoint Systems sind wir der Meinung, dass es für Einzelhändler von entscheidender Bedeutung ist, herauszufinden, wer sie bestiehlt, da organisierte Ladendiebe anders vorgehen als Gelegenheitsdiebe.
Produkte mit hohem Diebstahlsrisiko
Organisierte Diebe stehlen bestimmte Produkte, die als "High-theft"-Produkte bekannt sind. Einige dieser Produkte sind dauerhaft “beliebt”, weil sie klein und daher leicht zu entwenden sind und einen hohen Wiederverkaufswert haben. Zu diesen Produkten gehören Rasierapparate, Kosmetika, Batterien und Alkohol. In letzter Zeit ist auch ein Anstieg des Diebstahls von Frischwaren wie Fleisch und Käse zu beobachten. Zunehmend werden auch größere, sperrige Gegenstände wie elektrische Haushaltsgeräte aus Läden gestohlen.
Ein weiterer Unterschied ist das Ausmaß des Diebstahls. Organisierte Ladendiebe stehlen in großem Stil, räumen oft Regale leer und nehmen alles mit, was sich in den Regalen befindet. Diese Kriminellen reisen auch von Geschäft zu Geschäft und nehmen in jedem die gleichen Artikel mit. Für diese Leute ist Ladendiebstahl ein großes Geschäft.
Organisierte Diebe lassen sich kaum abschrecken, vor allem nicht von den ihrer Meinung nach oberflächlichen Sicherheitspraktiken. [5] Deshalb ist es wichtig, dass Einzelhändler, die den Verdacht haben, dass sie ins Visier von organisierten Einzelhandelskriminellen geraten, die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sich zu schützen.
Eine Lösung für jedes Problem
Für die große Auswahl an zu schützenden Produkten gibt es eine breite Palette verschiedener RF-Etikettentypen, darunter für Tiefkühlprodukte, mikrowellengeeignete Etiketten und Etiketten, die strenge Sicherheitsstandards für die direkte Anwendung auf frischen Lebensmitteln erfüllen. Die Möglichkeiten der RF-Etikettierung übertreffen bei weitem die Optionen, die für andere EAS-Technologien zur Verfügung stehen.
Außerdem gibt es die Option von zusätzlichen Schutzmaßnahmen für eine Vielzahl von gefährdeten Produkten, die potenziellen Dieben weitere Unannehmlichkeiten bereiten. Sie zielen darauf ab, den Zeitaufwand zu erhöhen, die der Dieb im Laden benötigt, um den Schutz des Produkts zu überwinden. Flaschenverschlüsse, Acryl-Displayboxen (Keeper) um die Produkte herum, drahtgebundene Anhänger (Spinnen) um die Boxen herum – all dies trägt zu einer zusätzlichen Komplexität bei, die den Abschreckungsaspekt verstärkt und die Dynamik von Risiko und Belohnung wieder zugunsten des Einzelhändlers verschiebt.
Innerhalb dieser Vorrichtungen gibt es zusätzliche Komplexitätsebenen, um Diebstahlsversuche zu verhindern, einschließlich kodierter Entriegelungsmechanismen und physisch stärkerer Schlösser. Unsere Alpha High Theft Division konzentriert sich auf die Entwicklung dieser Lösungen, um der kriminellen Gemeinschaft einen Schritt voraus zu sein.
Zeit, mit der Etikettierung zu beginnen
Einzelhändler haben die Wahl zwischen einer diskreteren, versteckten Kennzeichnung, bei der sich das RF-Etikett im Inneren der Verpackung befindet, und einer offeneren Kennzeichnung, bei der ein deutlich sichtbares Etikett, manchmal sogar mit dem RF-Schaltkreis selbst, und eine Sicherheitsnachricht auf dem Etikett angebracht sind. Ein noch größerer Schutz gegen Diebstahl kann durch die Verwendung von RF-Etiketten erreicht werden, die speziell so konzipiert sind, dass sie im Geschäft nur schwer zu entfernen sind, wie z. B. das Shield Tag. Dieses verlangsamt den Entfernungsprozess um das 10-fache, ohne das Produktbranding zu beeinträchtigen.
Studien zeigen, dass der zusätzliche Abschreckungsaspekt eines sichtbaren Etiketts im Vergleich zu diskreteren, versteckten Etikettierungsmethoden einen positiven Einfluss auf den Schwund einzelner Produktlinien hat. [6]
Wenn wir unsere EAS-Technologie bei einem neuen Kunden testen, fokussieren wir uns daher zunächst auf die Artikel mit hohem Diebstahlsrisiko. Schließlich sind dies die Produkte, die Einzelhändler am ehesten schützen wollen. Indem wir diese Produkte als Testfälle verwenden, können wir uns ein genaues Bild von den Auswirkungen der EAS-Kennzeichnung und dem späteren ROI eines jeden eingesetzten Systems machen.
Das nächste Mal …
… sehen wir uns einige Technologien zur Warensicherung an, darunter CCTV und EAS, und vergleichen sie mit nicht-technischen Sicherheitslösungen wie dem Ladenpersonal, betrachten, wie man die beste Abschreckungsstrategie für den eigenen Laden findet, und erläutern, wie ein EAS-System funktioniert.
Zur Serie:
In unserer fünfteiligen Serie „Lebensmitteleinzelhandel und Warensicherung“ sprechen wir über die Marktsituation im Lebensmitteleinzelhandel, Ladendiebstähle und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Schäden sowie über die Motivation von Dieben, über die besten Abschreckungstaktiken, erläutern, wie ein Elektronisches Warensicherungssystem (EAS-System) funktioniert und geben Tipps für ein Pilotprojekt im Bereich Warensicherung. Den Auftakt machte im Januar eine Betrachtung der Marktsituation des deutschen Lebensmitteleinzelhandels und seiner Herausforderungen sowie ein Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen von Ladendiebstählen und Fehlbeständen und warum es sich lohnt, Pilotprojekte mit Hochrisikoartikeln zu starten.
Quellen:
[1] Die Polizeidaten von 2020 beinhalten aufgrund eines IT-Problems keine Daten der Polizei Manchester. [2] https://einzelhandel.de/ladendiebstahl [3] Sidebottom, A., Thornton, A., Tompson, L. et al. A systematic review of tagging as a method to reduce theft in retail environments. Crime Sci 6, 7 (2017)[4] NRF, Organized Retail Crime Survey, December 2020
[5] Sidebottom, A., Thornton, A., Tompson, L. et al. A systematic review of tagging as a method to reduce theft in retail environments. Crime Sci 6, 7 (2017)
[6] Sidebottom, A., Thornton, A., Tompson, L. et al. A systematic review of tagging as a method to reduce theft in retail environments. Crime Sci 6, 7 (2017)