Welche aktuellen Trends bei der elektronischen Artikelsicherung gibt es?

Ladendiebe sind versiert darin, Lücken in der Warensicherung auszunutzen. Dabei finden sie immer wieder neue Methoden, um Systeme zu überlisten – wie das Auskleiden von Taschen mit Metallfolie. Zudem organisieren sich Kriminelle, die sich auf Ladendiebstahl spezialisieren, zunehmend besser, was die Vorgehensweise bei Diebstählen zusätzlich verändert. Die Auswirkungen solcher adaptiven Strategien sind enorm: Ladendiebstähle verursachen im Einzelhandel nach wie vor Verluste in Milliardenhöhe. Laut EHI Retail Institute waren es 2021 in Deutschland rund 3,2 Milliarden Euro. Das entspricht einem Verlust von rund 100 Euro pro Sekunde. Und durch die Inflation steigt die Diebstahlrate aktuell branchenübergreifend sogar noch an. Der aktuelle Tatort Report des EHI Retail Institute belegt, dass 2022 im Vergleich zu 2021 34 Prozent mehr Ladendiebstähle erfasst wurden und man muss davon ausgehen, dass die Dunkelziffer erheblich höher ausfällt.
So ruinös dies zunächst auch klingen mag, der Einzelhandel steht dieser Form der Kriminalität nicht wehrlos gegenüber. Auch die Artikelsicherung hat sich weiterentwickelt. Besonders 7 Trends im Bereich der EAS-Lösungen adressieren diese und andere Herausforderungen und verbessern die Diebstahlprävention.

Trend 1: Energiesparende Technologie

Spätestens seit der Verknappung der Rohstoffe und dem Anstieg der Energiepreise im Kontext des innereuropäischen Krieges ist der Energieverbrauch von Systemen ein elementarer Entscheidungsfaktor, wenn es um deren Implementierung geht. Das hatte zur Folge, dass einige Einzelhändler auf EAS oder deren Ausbau verzichteten, obwohl die Wirksamkeit laut Studien wie der des EHI Retail Institute außer Frage steht.

Einen Impuls für eine Besserung liefert hier vor allem die RF-Technologie. Sie ist im Betrieb wesentlich energiesparender als „vergleichbare“ Artikelsicherungs-Technologien wie beispielsweise AM, wodurch ein flächendeckender Einsatz von EAS begünstigt wird. Außerdem ist die Technologie auch in der Produktion energieeffizienter, was gleich zwei positive Auswirkungen hat: Die Systeme sind teilweise günstiger in der Anschaffung und die Versorgungssicherheit ist auch in Krisenzeiten besser gewährleistet, weil die produzierenden Unternehmen weniger Energie benötigen. Aufgrund dieser Vorteile wechseln viele Einzelhandelsunternehmen auf RF-basierte EAS-Systeme.

Um ein konkretes Beispiel zu geben: Bei einem Filialnetz von 150 Filialen und einem eingerechneten Zuwachs von 25 Geschäften in zehn Jahren sowie einer Kostensteigerung von 5 Prozent, liegt die Energiekostenersparnis bei RF gegenüber AM im Jahr bei circa 34.000 Euro und in zehn Jahren bei circa 500.000 Euro.

Trend 2: Individualisierung statt Standard-Lösung

Ein wichtiger Trend, der in vielen Geschäften Sicherheitslücken schließt, ist die Abkehr von Standardlösungen hin zu individuellen, die ganz auf die spezifischen Sicherheitsanforderungen des jeweiligen Ladens eingehen.

Das wird zum einen über neue modulare Systeme erreicht, die durch die Zusammensetzung unterschiedlicher Komponenten in Kombination mit RFID individuelle Sicherheitszonen und -grade schaffen. Es können beispielsweise Overhead- und Standantennen gemeinsam eingesetzt und so größere Durchgangsbreiten bereitgestellt werden, was gerade im Bereich Kleidung oder DIY gefragt ist. Wir konnten durch unsere modularen Systeme bislang Durchgangsbreiten von bis zu 10 m realisieren.

Der zweite Ansatz zur Individualisierung hängt mit der Form der EAS-Implementierung zusammen. Es ist sinnvoll mit einem Pilotprojekt zu starten und nicht gleich ein oder mehrere Systeme zu wählen, die Filialen komplett auszustatten und „loszulegen“. Diese Vorgehensweise führt oft dazu, dass die eingesetzte EAS nicht so sicher und effizient ist, wie sie sein könnte. Im Pilotprojekt hingegen kann ermittelt werden, welchen Sicherheitsbedarf ein bestimmter Laden hat, welche EAS-Systeme sich dafür eignen und wie sie am besten eingesetzt werden können. Zusammengefasst geht es bei einem erfolgreichen Pilotprojekt darum: Es sollten die richtigen Geschäfte gewählt werden – möglichst repräsentativ für das gesamte Risikoprofil – die passenden Produkte einbezogen werden – zu Beginn am besten die Hochrisikoartikel, die einfach zu kennzeichnen sind – und der richtige Zeitraum festgelegt werden – zwischen drei und sechs Monate.

Trend 3: Schulungen für schnelleren ROI

Ein weiteres Problemfeld beim Einsatz von Artikelsicherungen, das Dieben Gelegenheiten eröffnet, ist die mangelnde Expertise des Personals beim Umgang mit den Systemen. Viele Mitarbeitende müssen sich während des teils hektischen Arbeitsalltags quasi nebenbei einarbeiten und dabei bleibt oft etwas auf der Strecke. Eine Schulung durch Fachleute, ob im Zuge eines Pilotprojekts oder unabhängig davon, schafft die Basis dafür, Sicherungsmittel möglichst effektiv einzusetzen und sorgt in diesem Kontext auch für einen schnelleren ROI, in dem der Warenschwund schneller und deutlicher verringert werden kann.

Trend 4: Sicherheit in Einklang mit Ladendesign

Auch bei der Vereinbarkeit von Warensicherung und Ladenerscheinung hat sich etwas getan. Das klingt zunächst nach einem Thema für das Kundenerlebnis – und das ist es auch – aber genau deshalb hat es auch Einfluss auf die Akzeptanz von EAS-Lösungen bei Einzelhändlern. Ein stimmiges Ladendesign wirkt sich auf die Kundenzufriedenheit aus, was wiederum die Kaufbereitschaft und damit den Umsatz beeinflusst, aus diesem Grund verzichteten in der Vergangenheit einige Einzelhändler bewusst auf ein höheres Maß an Warensicherheit, um die Optik ihrer Geschäfte nicht zu stören. Neue EAS-Technologien schaffen jetzt den Spagat zwischen Artikelsicherung und Unterstützung des Ladendesigns. Die Brandbreite an Lösungen geht hier von stylishen Sicherungs-Labels bis zu schlanken EAS-Antennen mit LED. Sehr beliebt sind auch Antennen, die nahezu unsichtbar sind und beispielsweise direkt in den Kassentisch integriert werden können oder in den Fußboden integriert werden.

Trend 5: Grenzen verschieben – Verknüpfung von Warenschutz und Quellensicherung

Neben Antennenlösungen mit RF-Technologie gibt es in vielen Bereichen mittlerweile auch die Möglichkeit zusätzlich RFID einzubinden. Das bedeutet, dass detaillierte Informationen zu Artikeln inklusive des aktuellen Aufenthaltsortes teilweise in Echtzeit abgerufen werden können. Diese Verfügbarkeit von Informationen eröffnet diverse Möglichkeiten:

Zum einen können das Warenmanagement verbessert und die Bestandsgenauigkeit erhöht werden. Denn durch RFID haben Einzelhändler zu jeder Zeit den Überblick darüber, welche Waren im Lager vorhanden sind, nachbestellt werden müssen oder in den Regalen aufgefüllt werden sollten. Die Warenverfügbarkeit, die dadurch erreicht wird, steigert nachweislich den Umsatz und begünstigt die Umsetzung von Omnichannel-Geschäftsmodellen.

Zum anderen hebt RFID das Thema Artikelsicherheit auf ein neues Niveau. Im Falle von Quellensicherung – das heißt, dass Produkte bereits bei der Produktion gekennzeichnet werden – können Artikel über die gesamte Lieferkette hinweg verfolgt werden, was die Anzahl der verlorenen Artikel reduziert, Fälschungen erschwert und Abzweigungen in den Graumarkt verhindert. Der wirtschaftliche Schaden, der dadurch reduziert werden kann, ist außerordentlich, vor allem in Bereichen wie dem Getränkemarkt, wo aktuell allein im Wein-, Champagner- und Spirituosenhandel etwa jede vierte Flasche „abgezweigt“ wird.

Trend 6: Lebensmittel im Fokus

Der vorletzte Trend ist verknüpft mit einer gesellschaftlichen Entwicklung. Durch die steigenden Preise wird Diebstahl bei Lebensmitteln immer attraktiver – gerade, wenn es um Fleisch geht. Damit EAS hier präventiv wirken kann, müssen die dabei verwendeten Labels einiges gewährleisten: Sie dürfen nicht durch Fette oder Feuchtigkeit beeinträchtigt werden, müssen extremen Temperaturen standhalten, mikrowellengeeignet und natürlich lebensmittelecht sein. Das Gleiche gilt für den verwendeten Kleber.

Wenn dabei zusätzlich RFID-Technologie zum Einsatz kommt, können die Lösungen auch für eine Reduzierung der Lebensmittelverschwendung sorgen, denn RFID ermöglicht eine effizientere Kontrolle des Mindesthaltbarkeitsdatums. So können Abverkäufe bzw. Rabattierungen rechtzeitig in die Wege geleitet werden, was auch die Margen schützt.

Trend 7: Ökologisch nachhaltig

Ökologische Regularien sind ein Bestandteil aller Geschäftsfelder und das betrifft auch die Sicherung von Waren. Bei Sicherungskonzepten geht es hier vor allem um die Etiketten, die auf den Artikeln oder deren Verpackung angebracht sind. Oft waren sie Anlass dafür, Plastikverpackungen mit dem „normalen“ Müll entsorgen zu müssen, mittlerweile können bestimmte Etiketten aber ganz einfach zusammen mit herkömmlichem Plastik recycelt werden.

Fazit

Um eine gute Antwort auf die sich ständig verändernde Kriminalität im Einzelhandel und die immer neuen Vorgehensweisen der Ladendiebe zu bieten, müssen sich Warensicherungskonzepte anpassen. Für eine umfassende Diebstahlprävention sollten Artikelsicherungs-Systeme unbedingt ganzheitlich gesehen werden. Es geht um die richtige Strategie. Welche Lösungen den Anforderungen eines bestimmten Geschäftsumfelds entsprechen, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Sicherlich gibt es EAS-Ansätze und -lösungen, die generell eine hohe Wirksamkeit aufweisen, aber am effektivsten sind in jedem Fall individuelle Konzepte, die idealerweise unterschiedliche Maßnahmen im Bereich der Artikelsicherung miteinander kombinieren. Welche aktuellen Trends bei der elektronischen Artikelsicherung sind bei Ihnen zu verzeichnen?